Schon vor Amazon kapituliert, deutsche Verleger?

Ich hab jetzt ne eigene Kategorie für die kleine Serie angelegt: „Alle kaufen bei Amazon“. Da findet ihr meine Rants zu deutschen Onlinehändlern.

Ich bin die Tage auf ein interessantes Buch aufmerksam geworden: „Das Natur-Talent“ von Marcel Ackle, erschienen im Klartext-Verlag. Beim Verlag mit 1-3 Tagen Lieferzeit zu bekommen oder bei Amazon. Da ich letztere ja so total liebe und „Prime“ dort derzeit alles heißt zwischen „kommt gar nicht“, „kommt mit mehreren Tagen Verspätung“, „legen wir beim Nachbarn vor die Tür, sagen es aber niemandem“ oder „Flash from the past: Wir halten tatsächlich mal wieder unser 1-Tag-Prime-Versprechen!“ habe ich beim Verlag bestellt.

Heute dann eine Mail von der „Germinal Medienhandlung GmbH“. Komisch. Die Datenschutzerklärung von Klartext erwähnt mit keinem Wort, dass meine Daten an Germinal weitergegeben werden, Germinal hingegen sagt:

Die Germinal GmbH ist vom Verlag beauftragt Ihre Bestellung auszuführen.

Außerdem sagen sie noch:

Ihr Auftrag wurde heute bearbeitet. Leider ist die Ware zur Zeit nicht verfügbar.

Heute heißt übrigens mehr als 24 Stunden nach Bestelleingang. Und beim Klartext-Verlag steht weiterhin

Sofort versandfertig, Lieferzeit ca. 1-3 Werktage

Aber eigentlich braucht einen das alles nicht zu wundern. Germinal betreibt seinen Webauftritt unter https://www2.germinal.de/. Für ein gültiges Zertifikat für https://www.germinal.de/ hat leider das Geld gefehlt, auch für einen DNS-Eintrag für https://germinal.de/ war leider nicht mehr genug Bares vorhanden (wer den Sarkasmus hier nicht erkennt: Kostet beides nichts!). Wenig überraschend ist dann bei deaktiviertem Javascript auf der Germinal-Homepage nur das zu lesen:

<#! -- hier stand piwik-code -- >

Ich meine, die kommentieren Kommentare mit dem falschen Kommentarzeichen (der Text steht foglich auch so am Ende der Seite wenn Javascript aktiv ist). Warum also sollten die so komplexe Themen wie einen Lagerbestandsabgleich, den man problemlos gegen die API fahren könnte, den die vom Klartext-Verlag eingesetzt Shopware-Installation von Haus bietet, im Griff haben? Da sind also echte Profis am Werk, mit denen dieser Klartext-Verlag zusammenarbeit, der übrigens zur ominösen Funke-Mediengruppe gehört, die keiner kennt, denen aber laufend irgendwelche Interviews gegeben werden.

Und ja, ich hab grad bei Amazon bestellt. Selber schuld, Germinal. Und bitte nicht rumheulen wenn ihr demnächst zuschließen müsst. Denn das böse Internet ist nicht schuld. Eure Unfähigkeit ist schuld.

Wie Vollpfosten-Versender die Kunden in die Arme von Amazon treiben…

Das ist quasi ne Fortsetzung zu Der deutsche E-Commerce versagt schon bei den Basics. Wird wohl ein Mehrteiler.

Braucht mal wieder jemand Futter, warum Amazon so beliebt beim Kunden ist? Weil viele andere Versender einfach Vollpfosten sind. Hier gleich zwei Vollpfosten des Monats August.

Ich hatte Bedarf nach mehr Ventilatoren. War ja auch mal heiß dieses Jahr. Erste Bestellung über zwei Stück des gleichen Typs am 26. Juli aufgegeben bei nem großen Elektroladen in Karlsruhe, Ware angeblich sofort lieferbar. In der Bestellbestätigung steht dann plötzlich 1. August als Liefertermin. OK, die bringen den wohl persönlich, aber egal, ist ja die nächste Woche auch noch heiß.
Meine Zahlung über PayPal wurde dann am nächsten Tag per Mail bestätigt. Kann man bei ner sofortigen Zahlungsmethode natürlich machen, ist mit einem Tag Verzug aber halt lächerlich und zeigt wie schlecht das Warenwirtschaftssystem hinten dran sein muss.
Sollte man daran noch Zweifel haben: Vier Tage nach Bestelleingang kommt ne E-Mail, dass man auch den Termin am 1. August leider reißen wird, neuer Liefertermin wäre der 13. August, man offeriert aber eine Teillieferung. Ich antworte sofort und frage wie die Teillieferung denn aussehen wird. Man braucht zwei Arbeitstage um mir zu antworten, dass das eine Standardmail vom System sei und eine Teillieferung anders als offeriert doch nicht möglich wäre. Wie schlecht bitte kann ein Warenwirtschaftssystem eigentlich sein, das vor Mailversand nicht erkennt, dass auch eine Teilmengenlieferung nicht möglich ist? Ich antworte erneut direkt, bekomme aber keine Antwort, sondern eine Rechnung. Am nächsten Tag steht ohne Versandmitteilung die Ware plötzlich auf dem Hof.
Noch einen Tag später hat sich dann sogar der Twitter-Account des Händlers, den ich zwischenzeitlich angeschrieben hatte, gemeldet. Auch mit einer Reaktionszeit von zwei Tagen. Der Händler verkauft auch über Amazon, es ist mir ein Rätsel, wie er dort die Antwortzeiten einhält während er auf allen anderen Kanälen 48 oder mehr Stunden benötigt.

Neuer Händler, gleiche Ware

Ich bin aber noch nicht fertig. Mit dem neu avisierten Liefertermin für den 13. August habe ich direkt eine Ersatzbeschaffung vorgenommen. Am 31. Juli habe ich also bei einem eBay-Händler, der mit 17.000 Bewertungen auch eher nicht aus dem Wohnzimmer versendet, eine weitere Bestellung aufgegeben, Liefertermin zwischen dem 2. und 3. August. Nachdem am 2. August dann ja aber überaschenderweise die Ware vom ersten Händler eingetroffen ist und die vom eBay-Händler noch nicht versendet gemeldet war, habe ich dort versucht den Kauf abzubrechen:

Hiermit widerrufe ich den Kauf. Der Artikel wird nicht mehr benötigt. Da er auch noch nicht versendet ist bitte Zahlung wieder auf mein PayPal-Konto gutschreiben.

Die Antwort irritierte mich dann aber:

Bitte lehnen Sie die Lieferung ab, wenn Sie bei Ihnen eintrifft, zurückhalten können wir sie leider nicht mehr.

Aha, also doch schon versendet? Einen Tag haben sie ja noch um den versprochenen Liefertermin einzuhalten. Und natürlich kam am 3. August keine Ware. Und auch die nächsten Tage nicht, weshalb ich am 6. August erneut schrieb:

Bislang ist kein Paket hier eingetroffen, obwohl das schon bis spätestens Freitag der Fall hätte sein sollen und es ja angeblich auch schon versendet ist. Bitte lassen Sie mir die Sendungsnummer zukommen, es ist etwas müßig, jeden Tag den DHL-Fahrer abpassen zu müssen, damit er das Paket ja nicht irgendwo in der Nachbarschaft abgibt, wo niemand was von der Annahmeverweigerung weiß.

Die Antwort einen Tag später ist ein Musterbeispiel für extrem schlechte Kundenkommunikation:

Leider können wir momentan aufgrund der Hitzewelle nicht alle Tickets / Anfragen zeitnah beantworten. Wir versichern Ihnen, dass wir mit Hochdruck daran arbeiten Ware zu versenden und Ihre Anfragen schnellstens zu beantworten.

Bitte geben Sie uns daher ein, zwei Tage Zeit. Es wird nichts vergessen und wir sind uns sicher alle Ihre Anfragen nach dieser Zeit zu Ihren Zufriedenheit beantworten zu können.

Wie jetzt? Die Hitzewelle ist schuld, dass auf eBay offensichtlich falsche Lagerbestände standen, E-Mails nicht zeitnah beantwortet werden und der Verpackungsbereich gleich hitzefrei hat? Also bei uns wurde durchgearbeitet in allen Abteilungen und ja, wir hatten auch warm.

Wir schreiben mittlerweile übrigens den 7. August. Und es geht nach wie vor um die Ware, deren Stornierung ich am 1. August angefragt hatte, die aber zu dem Zeitpunkt angeblich schon nicht mehr zurückgehalten werden konnte. Am 9. August habe ich dann sowohl von eBay als auch vom Händler eine Versandbestätigung erhalten. Was in beiden Fällen fehlt: Eine Trackingnummer. Richtig krotesk wird es bei der Mail des Händlers:

Die Stellen, an die das Warenwirtschaftssystem eigentlich die Trackingnummer einfügen sollte sind einfach leer. Und ich habe den Screenshot absichtlich etwas größer gemacht, damit man sieht, dass der Link zum Adobe Reader ein Link ist, man das aber beim Trackinglink nicht hinbekommen hat.

Die Ware ist übrigens immer noch nicht da. Es scheint als hätte da ein Dropshipper seine Lagerbestände nicht im Griff. Das auf dem Rücken des Kunden auszutragen ist aber halt auch ein Unding. Eine Verschärfung des Tons beim Händler schien mir daher angebracht:

Ich werde hier seit 14 Tagen verarscht und hingehalten, die Ware ist bis heute nicht angekommen. Ich verlange umgehend das Geld zurück!

Das hat dann dazu geführt, dass binnen zwei Tagen das Geld da war. Kommentarlos. Ware ist nie gekommen. Ich wurde also nicht nur verarscht, ich wurde nachweisliche angelogen was den Versendet-Status der Ware angeht.

Der deutsche E-Commerce versagt schon bei den Basics

Ich bestelle derzeit sehr viel nicht bei Amazon weil ich mich über die etwas aufgeregt habe, die Kundenorientierung dort ist auch nicht mehr das was sie mal war. Außerdem ist es immer gut über den Tellerrand zu schauen.

Und gerade die Tage erzählt Trusted Shops was man machen sollte um mit dem eigenen Shop gegen Amazon zu bestehen. Das ist alles so weit richtig was im Artikel steht (die Bezeichnung „Fachgeschäft“ benutzen wir übrigens schon seit Jahren für unsere Online-Shops), aber bei vielen Händlern fängt das Problem viel früher an: Bei den Basics.

Dehner

Die Gartencenter-Kette, 2016 mit einem Jahresumsatz von knapp 700 Millionen Euro, schafft es nicht, einen richtigen Trackinglink zu versenden:

https://tracking.dpd.de/parcelstatus?query=00340434177295186556&locale=de_DE

Das geübte Auge sieht auf den ersten Blick, dass es sich bei der Trackingnummer um eine von DHL handelt. Ich kann bei solchen Fehlern nur mit dem Kopf schütteln, denn den richtigen Carrier zu einer Trackingnummer anhand von regulären Ausdrücken zu erkennen ist ein gelöstes Problem. Die Deliveries App von Juneclod macht es vor. Für den deutschen Markt ist das auch sehr übersichtlich (ok, FedEx fehlt, aber niemand™ versendet in Deutschland mit FedEx):

if (
    preg_match("/^1Z\s?[0-9A-Z]{3}\s?[0-9A-Z]{3}\s?[0-9A-Z]{2}\s?[0-9A-Z]{4}\s?[0-9A-Z]{3}\s?[0-9A-Z]$/i", $sTrackId)) {
        $sCarrier = "UPS";
} elseif(
    preg_match("/^0\d{13}$/", $sTrackId)) {
        $sCarrier = "DPD";
} elseif(
    preg_match("/^\d{14}$/", $sTrackId)) {
        $sCarrier = "HLG";
} elseif(
    preg_match("/^\d{11}$/", $sTrackId)) {
        $sCarrier = "GLS";
} elseif(
    preg_match("/[A-Z]{3}\d{2}\.?\d{2}\.?(\d{3}\s?){3}/", $sTrackId) ||
    preg_match("/[A-Z]{3}\d{2}\.?\d{2}\.?\d{3}/", $sTrackId) ||
    preg_match("/(\d{12}|\d{16}|\d{20})/", $sTrackId)) {
	    $sCarrier = "DHL";
} elseif (
    preg_match("/RR\s?\d{4}\s?\d{5}\s?\d(?=DE)/", $sTrackId) ||
    preg_match("/NN\s?\d{2}\s?\d{3}\s?\d{3}\s?\d(?=DE(\s)?\d{3})/", $sTrackId) ||
    preg_match("/RA\d{9}(?=DE)/", $sTrackId) || preg_match("/LX\d{9}(?=DE)/", $sTrackId) ||
    preg_match("/LX\s?\d{4}\s?\d{4}\s?\d(?=DE)/", $sTrackId) ||
    preg_match("/LX\s?\d{4}\s?\d{4}\s?\d(?=DE)/", $sTrackId) ||
    preg_match("/XX\s?\d{2}\s?\d{3}\s?\d{3}\s?\d(?=DE)/", $sTrackId) ||
    preg_match("/RG\s?\d{2}\s?\d{3}\s?\d{3}\s?\d(?=DE)/", $sTrackId)) {
        $sCarrier = "DPAG";
} else {
        $sCarrier = "NONE";
}

Shopify

Das mit den Trackingnummern ist aber auch für Unternehmen, die sich auf E-Commerce spezialisiert haben und 200 Millionen US-Dollar umsetzen, scheinbar ein großes Problem. Die SaaS-Lösung von Shopify bietet neuerdings die Möglichkeit, sich über den Bestellfortschritt per Facebook Messenger benachrichtigen zu lassen. Das sieht auch richtig nett gemacht aus. Nur das mit den Trackingnummern, das läuft nicht so. Klickt man auf den Link ‘Sendung verfolgen’ landet man bei DHL USA. Der selbe Fehler tritt auch auf der Shopify-Bestellübersicht auf.

Sortimo

Spezialist für Fahrzeugeinrichtungen, Umsatz in 2014 knapp unter 125 Millionen, Bosch als Miteigentümer, die ihre Profiwerkzeuge standardmäßig in der Sortimo L-Boxx ausliefern. Aber eine Mail mit Versandinformationen senden bevor die Ware ausgeliefert wurde? Nicht möglich. „Ihre Ware hat unser Logistik Zentrum soeben verlassen und wird in den nächsten Tagen bei Ihnen eintreffen.“ ist in einer Mail von 17:06 relativ witzlos wenn die Ware schon am selben Tag um 9:46 zugestellt wurde.

Sortimo Service-Station

Neben Sortimo selbst wurschteln auch einige der Service-Stationen, von denen es knapp 30 in Deutschland gibt, online mit rum, u.a. bei eBay. Von den fünf bestellten Anti-Rutschmatten kamen drei hier so dermaßen deformiert an, dass sie nicht benutzbar sind (und sich auch nicht in ihren Ursprungszustand zurückversetzen lassen). Die Mail bzgl. Umtausch wurde dann eine Woche lang einfach nicht bearbeitet. Erst auf erneute Nachfrage (und unter Hinzunahme einer generischen service@-E-Mail-Adresse, die ich mir erst raussuchen musste) kam eine Reaktion.

Fazit

Von Shops, die außer manchmal besseren Preisen ein Totalausfall sind und Bewertungsportalen, auf denen der Shopanbieter lügen kann, bis sich die Balken biegen, ohne dass man die Möglichkeit hat, das korrigiert zu bekommen, will ich hier gar nicht reden, das würde genug Material für einen eigenen Artikel geben. Ich will es bei diesen vier Beispiele belassen, wo die einfachsten Basics nicht funktionieren. Denn die Dinge fallen auch dem unbedarften Kunden auf, es ist sofort offensichtlich, dass da was nicht rund läuft auf Seiten des Anbieters und ob man dem dann ein zweites Mal das Vertrauen schenkt? Dass sich der Kunde diese Frage stellt, dazu sollte man es erst gar nicht kommen lassen.